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Die Wahl des richtigen Equipments ist erst der erste Schritt

 «Mach es dem Pferd so einfach und so komfortabel wie möglich» ist eine meiner Devisen in der Ausbildung von Pferden.”

 

 Mein persönlicher Weg hin zu einer pferdefreundlichen Reitweise hat mich zur Altkalifornischen Vaquero Reitweise geführt, die eine lange Tradition hat und im frühen Kalifornien entstanden ist. Dort haben die Amerikanischen Ureinwohner mit ihrer Verbundenheit und der Wertschätzung gegenüber der Natur und den Tieren die Reitweise der spanischen Eroberer zur Zeit des Barocks (1600-1770) massgeblich mitgeprägt.

Aus diesen Ursprüngen entwickelte sich eine gefühlvolle Arbeitsreitweise, in der eine Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd sowie ein respektvolles Miteinander im Vordergrund stehen.


Altkalifornische Vaquero Reitweise

Diese Reitweise vereint zwei Bestandteile:

Dazu gehört einerseits das traditionelle Equipment (Hackamore, Two–Rein, Spade bit) und die Ausbildungsmethode dahinter. Damit ist die Ausbildung eines Pferdes, von der Hackamore, über Two-Rein bis hin ins Spade Bit «jaquima a freno» gemeint.

Andererseit beinhaltet sie den Umgang mit dem Pferd und berücksichtigt auch «Balance, Signal und Softness Approach».


LEAD BY EXAMPLE

Wenn wir Geschmeidigkeit, Feinfühligkeit und Balance in einem Pferd wünschen, müssen auch wir Geschmeidigkeit, Feinfühligkeit und Balance beweisen. Sind wir dazu in der Lage, so führen wir das Pferd, indem wir ihm ein Vorbild sind. Dazu gehört auch, dass wir es dem Pferd so einfach wie möglich machen, das Gewünschte auszuführen.

Anstatt das Pferd mit Druck von etwas Negativem fortzubewegen und es dann als Belohnung in Ruhe lassen, bieten wir dem Pferd einen Komfortplatz, einen guten Platz zum Sein an. Das Pferd wird dieses «Gute» suchen und möchte dort bleiben – es braucht nicht vor etwas Negativem zu weichen.


Für uns ‘wollenden’ Menschen ist dies meist nicht so einfach, wie es sich anhört.

Viel wird über das richtige Equipment geredet, aber die Herangehensweise wird in den Erwägungen oft ausser Acht gelassen. Dabei sollte die Herangehensweise über dem Equipment stehen. Die Ausrüstung unterstützt meine Art, mit den Pferden zu arbeiten. Ich rede gerne über die Ausrüstung, jedoch noch lieber über die Art und Weise wie man mit Pferden arbeitet.

Wie ein weiches und flexibles Bosal richtig eingesetzt wird

Doch reden wir zuerst über das Equipment. In der Altkalifornische Vaquero Reitweise starten wir das Pferd im Hackamore. Die Hackamore ist eine Gesamtbezeichnung für das Bosal, welches meistens aus Rohhaut oder Leder besteht, in Kombination mit Mecate und Hanger. Die Mecate sind unsere traditionellen Zügel, welche mit einem speziellen Knoten an das Bosal geknotet werden. Ich selber montiere an einigen auch ein Fiador, mit dessen Hilfe ich das weiche und flexible Bosal in der Balance stabilisiere, so dass sich das Zaumzeug nicht verschieben kann. 

Wenn wir alle diese Sachen zusammensetzen, nennen wir das Hackamore.

Nach meiner Sicht funktioniert die Hackamore folgendermassen: Sie ist designt mit einem starken, neutralen Punkt oder einem starken Zentrum. Dieses Zentrum der Hackamore bildet für das Pferd einen komfortablen Ort und wir möchten dem Pferd zeigen, dass es genau hier – im Zentrum – angenehm ist. Und wenn wir diesen komfortablen Ort bewegen, möchten wir, dass sich das Pferd mitbewegt.


Lasst mich das veranschaulichen: Wir reiten mit dem Pferd von A nach B und das Pferd hebt den Kopf so an, dass das Bosal im Trab immer auf und ab tanzt. Es signalisiert so dem Pferd, dass es einfacher wäre, den Kopf im neutralen, komfortablen Ort zu halten. Sobald das Pferd merkt, wo dieser Ort ist, wird es seine Position ändern und die Nase runternehmen. Das Gewicht geht von der Nase weg und das Pferd befindet sich jetzt im komfortablen Spot im Bosal. Das Bosal zeigt somit dem Pferd, wo es komfortabel ist und wo nicht. Der springende Punkt dabei ist: bis jetzt habe ich noch keinen Einfluss über die Zügel genommen.

Wenn ich diese Art des Reitens am Bosal meinen Schülern erklären möchte, kommt mir immer das Beispiel mit dem Futterkübel in den Sinn:

Wenn wir ein bisschen Futter in einen Kübel geben und wir lassen das Pferd daraus essen, so findet das Pferd schnell heraus, dass dies ein komfortabler Ort ist. Es ist ein guter Ort, zu sein. Und es möchte dann auch hier sein! Wir können dann vielleicht diesen Futterkübel ein wenig bewegen und bemerken schnell, dass sich das Pferd – nur durch das Bewegen des Kübels – plötzlich ebenfalls bewegt. Weil es eben mit dem Futterkübel zusammenbleiben möchte!

Auf diese Weise können wir die Haltung des Pferdes verändern, indem wir den Winkel des Kübels verändern. Wir können seine Beine bewegen, wenn wir den Kübel bewegen. Und ich denke, das ist genau die Weise, wie das Bosal gedacht ist und wirken sollte.

Den komfortablen Ort finden


Auch beim Bosal lassen wir das Pferd den komfortablen Ort finden und mit unseren Zügeln können wir diesen angenehmen Platz mit Signalen verschieben und beeinflussen, denn das Pferd hat bereits gelernt, im komfortablen Ort zu bleiben. Und so möchte ich das benutzen. Das ist ein bisschen anders als es manchmal erklärt wird, oder wie es andere Reiter nutzen.

Denken wir nochmals ans Beispiel mit dem Futterkübel: Wenn das Pferd den Kopf im Kübel versenkt hat, könnten wir seitlich auf den Kübel schlagen und so versuchen, das Pferd in eine gewünschte Richtung zu bewegen. Vermutlich würde es das auch machen. Es würde womöglich reaktiv, steif und gestresst sein.

Und von all diesen Sachen möchte ich mich weit wegbewegen.

Ich möchte meinem Pferd weder mit einem Kübel noch mit einem Hackamore Schmerzen zufügen! Denn wenn man auf dieses Weise mit dem Pferd umgeht, kann es passieren, dass es lieber weit weg von uns wäre, als bei uns, an einem guten, komfortablen Ort.


Genauso erkläre ich meinen Schülern, wie sie das Bosal benutzen sollen. Sie sollen ihr Pferd nicht grob behandeln, schon gar nicht an der Seite des Kopfes. Klar bekommt man eine Reaktion, wenn man es auf die unsanfte Art versucht, aber meistens ist sie zu reaktiv, zu schnell und es herrscht zu viel Druck. Es fühlt sich weder weich, noch geschmeidig an.

Kein Kräftemessen

Statt sich auf ein Kräftemessen einzulassen, möchte ich versuchen, mit dem Pferd zusammen zu arbeiten. Ich möchte es nicht irgendwo am Zügel hinziehen, denn das funktioniert sicher nur für eine ganz kurze Zeit. Sehr schnell wird es merken, dass es gegen diesen Zug oder Druck gehen kann und es wir dich und sich selber dorthin bringen, wo du nicht hinmöchtest.

Der komfortable Ort

Wenn ich dasBosal benutze, dann erlaube und offeriere ich dem Pferd den komfortablen Ort zum sein. Dieser ist schön im Zentrum dieser Zäumung. Mit Auf- und Abbewegungen nutze ich feine Signale, um dem Pferd denrichtigen Punkt zu zeigen. Denn eines geht bei der ganzen Diskussion um das richtige Equipment oft ganz vergessen:

Das grösste Stück der Ausrüstung, die wir anwenden, ist nicht unser Bosal am Kopf des Pferdes, sondern sind wir selber!

Deshalb ist eine gute Balance, sowohl in unserer Energie, als auch in unserem Körper eminent wichtig! Nur so können wir unserem Pferd helfen, auch unter dem Reitergewicht in Balance zu sein. Denn nur ein ausbalanciertes Pferd fühlt sich sicher und kann sich athletisch, freier, wunderschön und schneller zeigen. Und vor allem: ein ausbalanciertes Pferd hört Dir gerne zu!